Kooperationspartner waren das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die Forschungsgruppe „Multilokales Wohnen in der Schweiz“ und TRIALOG. Mehr als 60 WissenschaftlerInnen aus Europa, China, Afrika und den USA waren der Einladung gefolgt.
Ziel der Tagung war es, Ausprägungen und gesellschaftliche sowie räumliche Auswirkungen multilokaler und zunehmend mobiler Lebensweisen in verschiedenen Weltregionen zu diskutieren. Die Ergebnisse sollten dabei zugleich forschungsrelevant und praxistauglich sein. Multilokalität, von der Schweizer Geographin Nicola Hilti als ein auf mehrere Orte verteilter tätiger Lebensalltag definiert, wird in Deutschland bspw. von BerufspendlerInnen zwischen zwei oder mehr Wohnsitzen praktiziert, in vielen Ländern Afrikas und Asiens kombinieren ärmere Haushalte Einkommensquellen „ländlicher“ und „städtischer“ Standorte. Den VeranstalterInnen ging es jedoch nicht (nur) um die Gegenüberstellung, sondern vielmehr um eine integrierte Betrachtung von Multilokalität im „Süden“ und „Norden“, denn bislang hat sich die Forschung in diesen Räumen weitgehend unabhängig voneinander entwickelt.
Viele TeilnehmerInnen hoben das breite Spektrum von Erfahrungen und Perspektiven positiv hervor, die an den beiden Tagen vorgestellt wurden. Genauso anregend seien die unterschiedlichen und abwechslungsreichen Arbeitsmethoden gewesen (z.B. Plenumsvorträge, interaktive Kleingruppenarbeit, Podiumsdiskussion). Zum Abschluss der Tagung reflektierten Prof. Dr. Einhard Schmidt-Kallert (REL) und Petra Jacobi (GIZ) die Ergebnisse der Tagung aus Sicht der Forschung und der Entwicklungszusammenarbeit.
Dem Ziel einer integrierten Betrachtung von Multilokalität in „Süd“ und „Nord“ ist die Tagung ein gutes Stück näher gekommen: Während bei den Ursachen und Merkmalen multilokaler Personen und Haushalte Unterschiede überwiegen (survival- vs. lifestyle multilocality), gibt es bei den räumlichen Auswirkungen und politischen sowie planerischen Herausforderungen viele Gemeinsamkeiten. So führt Multilokalität zu ganz spezifischen Formen und Ansprüchen der Raumnutzung. Im Wohnbereich kommt es bspw. Länder- oder Regionen-übergreifend zu einer erhöhten Diversifizierung und Flexibilisierung der Nachfrage, zugunsten zeitlich begrenzter Arrangements.
Auch anwendungsbezogen sehen sich Kommunen in „Nord“ und „Süd“ vor ähnliche Herausforderungen gestellt. Typische Probleme bilden Fragen der fiskalischen Zuordnung und der bürgerschaftlichen Einbindung von Bevölkerungsgruppen mit Mehrfachverortung. Notwendig erscheint vor diesem Hintergrund eine Ergänzung des in den meisten Ländern vorherrschenden Territorialprinzips, d.h. der Orientierung staatlichen Handelns an bestehenden administrativen Einheiten. In beiden Kontexten praktizieren bislang vor allem nichtstaatliche Akteure (z.B. mehr oder wenig formalisierte MigrantInnengruppen) Ansätze einer solchen multi- oder translokalen Vernetzung.
Für Einhard Schmidt-Kallert als nunmehr ehemaliger Leiter des Fachgebietes Raumplanung in Entwicklungsländern (REL) war die Tagung eine der letzten Gelegenheiten, Gastgeber einer universitären Veranstaltung zu sein. Er hat in seiner Zeit am Fachgebiet seine Leidenschaft für entwicklungsbezogene Forschung und sein Engagement für die Praxis der Entwicklungszusammenarbeit gleichermaßen zur Geltung gebracht, hat stets dazu ermutigt, konzeptionelle und disziplinäre Grenzen zu überschreiten. So ist es maßgeblich seiner Initiative und Wirkungskraft zu verdanken, dass die Tagung den Grundstein für weitere integrierte Forschungsaktivitäten und für die Erarbeitung konkreter Politik- und Planungsstrategien auf einem Gebiet gelegt hat, das für die Raumplanung immer wichtiger wird.
Alle Vorträge und die zusammengefassten Diskussionsprotokolle werden in Kürze auf der Homepage des Fachgebietes IPS, wie das frühere Fachgebiet REL nun heißt, abrufbar sein.
Kontakt: Dr. Eva Dick