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Winterschule Kaiserslautern WS 2018/19

Seit 2009 findet jährlich eine Winterschule unter dem Motto "fachlicher Nachwuchs entwirft Zukunft" statt. Diese wird im Rahmen des Projektes Nationale Stadtentwicklungspolitik gefördert. Gastgeberin war in diesem Jahr die TU Kaiserslautern mit dem Thema "Die Rebellische Stadt".

Im Vordergrund standen insbesondere Themen, wie lokale Mitbestimmung, dezentralen Strukturen und Selbstverwaltung. Teilgenommen haben elf Hochschulen mit jeweils drei Studierenden, aus Dortmund waren das Nils Becker, Viola Kaspar und Kai Zaschel. Die teilnehmenden Hochschulen setzten sich vergangenes Wintersemester auf ganz unterschiedliche Weise mit Rebellionen im planerischen Kontext auseinander. Dabei reichte die Bandbreite der Semesterarbeiten von städtebaulichen Entwürfen, über regionale Konflikte bei Fachplanungen bis hin zu theoretischen Annäherungen an das Thema. Die Dortmunder Studierenden wagten sich im Masterentwurf "Die rebellische Stadt" unter der Leitung von Stephan Willinger und Päivi Kataikko-Grigoleit an der Quadratur des Kreises und entwarfen aus planerischer Perspektive die Stadt von Unten.

Das Ziel der Winterschule war es in drei Gruppen für unterschiedliche Problemlagen in verschiedenen Orten Lösungsstrategien zu entwickeln. Diese Orte wurden durch engagierte Bürger*innen geprägt und sollten in die Planungen mit eingebunden werden. Bevor die Gruppenarbeiten richtig angefangen haben, wurden die Semesterarbeiten vorgestellt. Mitte der Woche wurde der Stadtumbausalon veranstaltet. Bei diesem wird in einem leerstehenden Lokal eine stadtplanerische Diskussionsveranstaltung durchgeführt. Zu Gast war u.a. die Zwischenzeitzentrale aus Bremen, die ihr Projekt und ihre Arbeitsweisen als Leerstandsvermittlungsstelle in Bremen vorgestellt haben. 

Während sich eine Gruppe vor Ort dem Pfaffgelände in Kaiserslautern widmete, beschäftigten sich die beiden anderen Gruppen mit Ortschaften in der Umgebung. Dabei lag einerseits die Gemeinde Frankenstein und andererseits der Ortsteil Hambach (Neustadt an der Weinstraße) im Fokus.

In Hambach waren die Aufgabenfelder zum einen der Umgang mit dem demokratischen Erbe des Hambacher Festes und zum anderen die aktuellen Problemlagen, die der Tourismus mit sich bringt. Ergebnis waren die Ausrichtung eines Hambacher Festes 2.0 bei dem die Inhalte mit den Besucher*innen und Anwohner*innen zusammen entwickelt werden und diese Anstoß für Diskussionen über Rebellion, Freiheit und Zusammenhalt geben. Zudem soll in einem Konzept unter Beteiligungen der Hambacher*innen ein sich der Problematik der negativen Auswirkungen des Tourismus gewidmet werden. Dabei sollen die positiven Effekte der Besucher*innen des Hambacher Schlossen auch für den Ortsteil genutzt werden, der Weg zum Schloss revitalisiert und erlebbar gemacht werden und in einer weiteren Säule die Verbindung zu anderen umliegenden Schlössern geschaffen werden.

Die drängendsten Probleme Frankensteins sind einerseits die durch den Ort laufende Bundesstraße, die eine hohe Emissionsbelastung mit sich bringt. Andererseits die kürzliche Schließung der Zwergschule vor Ort, die bislang das Herz und der Treffpunkt des Ortes war. Die Einwohner*innen Frankensteins haben im vergangenen Jahr durchaus rebellische Energie bewiesen und zuerst für Tempo 30 im Ort und dann gegen die Schließung der Schule gekämpft. Den ersten Kampf konnten sie gewinnen, den zweiten verloren sie jedoch. Der Ortsmittelpunkt wird durch den Schulbau sowohl baulich als auch funktionell geprägt. Mit dem Wegfall der Schule ist steht das Haus leer und ist in den Besitz der Gemeinde übergegangen. Das erarbeitete Konzept begreift diesen Leerstand als großes Potential genauso wie das hohe Engagement der Frankensteiner*innen. Es ist als Appell an die Bürger*innen zu verstehen, die sich nun dem Gebäude annehmen und aktiv mit Nutzung füllen müssen. Unterschiedliche Szenarien sind vorstellbar. Denkbar sind eine Wohnnutzung und eine gemeinschaftlich betriebene Wirtschaft, sowie weitere Nutzungen die das bauliche Zentrum des Dorfes bespielen und es auch weiterhin zu einem sozialen Zentrum machen. Weiterhin wurden die Menschen mit Beispielen angeregt, sich auf rebellische Weise die Bundesstraße als Lebensraum anzueignen.

In Kaiserslautern war die Aufgabe das ehemalige Gelände des Nähmaschinenherstellers "Pfaff" für die Stadtbevölkerung greifbar und zugänglich zu machen. Das seit 2007 brachliegende Gelände wurde bereits einem mehrmaligen Planungsprozess unterzogen der in erster Instanz einen Abriss des gesamten Gebäudekomplexes vorsah. Unter dem Motto "Paff erhalten - Stadt gestalten!" gründete sich ein erster zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen diese Planung, sodass ein zweiter städtebaulicher Rahmenplan aufgesetzt, der die Sicherung von erhaltenswerten Gebäuden beinhaltet. Die Fläche stellt zurzeit einen weißen Fleck in den Gedanken der Stadtbevölkerung dar. Mit Hilfe einer Intervention im städtischen Raum versuchte die Projektgruppe das Bewusstsein für diese Fläche zu aktivieren und die Kreativität der Einwohner*innen Kaiserslauterns anzuregen. Ziel ist es, einen roten Faden als Symbol zu etablieren der wiederholt die Aufmerksamkeit der Stadtbevölkerung -durch zufälliges Auftauchen im Stadtraum- auf das Pfaffgelände lenkt. Er mündet in temporären Nutzungen, die in der langfristigen Planung des Geländes umgesetzt werden sollen. Ein Faden wurde beispielhaft vom Stadtpark Kaiserslauterns durch den städtischen Raum zum Pfaffgelände gespannt und endete in einer Installation in Form einer Tür. Diese beinhaltete Flyer mit den Aufruf "Pfaff - Spinns weiter!" und zeigt Szenarien die auf dem Paffgelände stattfinden könnten, sowie eine Anleitung der Intervention und Kontaktdaten zu zivilgesellschaftlichen Initiativen die zukünftig weitere Installationen im Stadtraum und dem Pfaffgelände durchführen werden.

 

Bericht: Nils Becker, Viola Kaspar, Kai Zaschel

Fachgebiet Städtebau und Bauleitplanung

Kontakt: Päivi Kataikko-Grigoleit