"(In)formeller Urbanismus" ist ein Austauschprojekt für Experten, Studierende und junge Berufseinsteiger aus Deutschland und Griechenland, die aus den Bereichen Stadtentwicklung, Architektur, urbane Praxis, städtische Netzwerke, Wissenschaft, Kultur und Künste kommen. Bei dem Projekt steht die praktische Untersuchung formeller und informeller Strukturen, aktueller Konzeptionen stadtplanerischer Regel- und Entscheidungsprozesse (urbane Governance), deren Kommunikations- und Steuerungsprozesse, die Anwendbarkeit sowie Umsetzung vor Ort, in Verbindung des Themas "Migration", im Mittelpunkt.
Kern des Projektes ist der Austausch zweier Delegationen in Athen sowie im Ruhrgebiet. Es findet eine wissenschaftliche und praktisch-konkrete Auseinandersetzung einerseits mit lokalen Initiativen der Zivilgesellschaft und anderseits mit Vertretern der städtischen Ämter statt. Aus der Beschäftigung mit den praktischen und theoretischen Diskursen haben sich ein wissenschaftlicher sowie ein unmittelbarer konkreter Nutzen für Prozesse der Stadtentwicklung in Gegenwart und Zukunft ergeben. Mit der Einbindung von Kuratoren und Künstlern in die Planung und Umsetzung des Projekts wurde bewusst ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt.
Der erste internationale Workshop fand im September 2015 an der TU Dortmund statt und thematisierte die Dortmunder Nordstadt. In Hinblick auf das Thema "(In)formeller Urbanismus" erfolgte neben der Auseinandersetzung mit Deutschland ein Vergleich zu Griechenland. Dies vollzog sich in Form eines zweiten Treffens in Acharnes, einer Stadt bei Athen. Studierende aus den beiden Universitäten entwickelten in Teams Konzepte, wie neue Strategien aus informeller und formeller Planung für die Weiterentwicklung und Problemlösungen der beiden jeweiligen Städte aussehen könnten.
Während des Workshops in Acharnes lud das Goethe-Institut die interessierte Öffentlichkeit zu einer Abendveranstaltung zum Thema "Wanderung Europa / Europa auf Wanderschaft" ein. Auf diesem Podium diskutierten neben Prof. Christa Reicher auch Prof. Konstantinos Moraitis (Professor für Architektur an der Nationalen Technischen Universität Athen), Prof. Thomas Maloutas (Professor für Sozial- und Humangeografie an der Harokopio Universität Athen) und Stephan Willinger (Referat Stadtentwicklung im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) Bonn) mit.
Die größte Herausforderung des Projektes lag anfangs bei der gemeinsamen Definition des Themas "(In)formelle Urbanismus". Während in Deutschland damit zunächst die Ansätze wie "Hands-on-urbanism" oder "Bottom up- Projekte" verbunden werden, geht es in Griechenland allein um den Umgang mit illegal gebauten Siedlungen. Entsprechend unterschiedlich fielen die gestellten Fragen in den beiden Workshops aus. In Griechenland tauchten beispielsweise Fragen wie: "Welche Änderungen müssen in der griechischen Gesetzgebung eingefügt werden, um die illegale Bautätigkeit beseitigen zu können?" auf oder "Wie sollen die Legalisierungsprozesse durchgeführt werden, um hierbei eine Akzeptanz in allen Entscheidungsebenen erreichen zu können?". In Dortmund beschäftigten sich die Studierenden eher mit folgenden Fragen: "Was kann die offizielle Planung vom informellen Urbanismus lernen und wie können die Stadtverwaltungen von den Aktivitäten der Bürger profitieren?" oder "Fördern die Projekte das Zusammenleben und die Integration im Quartier?".
Die international zusammengesetzten Teams kamen zur Erkenntnis, dass es für beide Städte eine Vielfalt an Lösungsansätzen gibt, die im weiteren Projektverlauf zu vertiefen sind. Im Frühling 2016 ist ein zweiwöchiger Studienaufenthalt für zwei Studierende der Fakultät Raumplanung in Athen und für zwei weitere Studierende der NTUA in Dortmund geplant, um vor Ort die in den Workshops entwickelten Ansätze weiter zu verfolgen. Die Stadt Dortmund hat zudem in Aussicht gestellt, dass mindestens einer der in Dortmund entstandenen Ideen im Rahmen des Projektes "Nordwärts" realisiert werden könnte.
Kontakt: Päivi Kataikko-Grigoleit, Fachgebiet Städtebau, Stadtgestaltung und Denkmalpflege