Die Herausforderungen an das Wohnen beschäftigen zurzeit alle. Die Perspektiven auf das Wohnen der Zukunft sind jedoch sehr unterschiedlich. Im Verlauf der Veranstaltung wurden schnell die Gegensätze, die z.B. zwischen Zukunftsforschern und den heutigen (jungen) Nachfragern auf den Wohnungsmärkten herrschen, deutlich. Während die Zukunftsforscher einen Trend zum urbanen Kleinraumwohnen und zum "collaborative living" sehen und für sie "dritte Orte" außerhalb der Wohnung und des Arbeitsplatzes zunehmend wichtiger werden, zeigen Befragungen von jungen Erwachsenen der Generation Y (18-35 Jahre), dass kaum Veränderungen im Lebensbereich Wohnen erwünscht sind.
Wie können diese durchaus spannenden Gegensätze erklärt werden? Konsens herrschte, dass erst die Betrachtung beider Seiten ein vollständiges Bild ergibt, das die aktuellen Entwicklungen an den Wohnungsmärkten zu verstehen hilft. Die benannten Widersprüche können durchaus als ein Ausdruck von Ambivalenzen verstanden werden. Die zunehmende Individualisierung bedeutet die Freiheit, das eigene Leben zu entwerfen, aber auch den Zwang dazu. Zudem wird der permanente Imperativ zur Selbstoptimierung als sehr kräftezehrend wahrgenommen. Wandel wird somit nicht als Verheißung wahrgenommen, sondern vielmehr als Bedrohung. Diese Wahrnehmung fließt dann auch in die Wohnwünsche der Nachfrager ein, die sich in der Regel kaum von denen der Eltern unterscheiden.
Konkret wurde es mit dem studentischen Bloon-Projekt der FH Bochum, das visionär zeigte, wie das studentische Wohnen der Zukunft aussehen könnte. Große transparente „Wohnblasen“, die z. B. in engen Baulücken platziert werden und mit wenig mehr als einem Bett ausgestattet sind, könnten nach Vorstellung ihrer Initiatoren einen Teil des Bedarfs an temporärem studentischem Wohnen decken. Bezahlt wird mit Daten, d.h. mit auf dem Handy des jeweiligen Bewohners festgehaltenen Momenten (Pay With Your Moments/PWYM), die auf die Innenwand des Ballons projiziert werden.
Natürlich wurden auch die aktuellen Entwicklungen und Probleme von Immobilienmärkten betrachtet. Wie können Grund und Boden den Spekulation entzogen werden, wie kann das gemeinnützige Wohnen stärker gefördert, wie kann mehr für den Mieterschutz getan werden? Auf diese Fragen konnten erwartungsgemäß keine abschließenden Antworten gefunden werden. Das Kolloquium gab jedoch wichtige Anregungen aus Wissenschaft, Politik und kommunaler Praxis wie diese Fragen ‚angepackt‘ werden sollten und das Wohnen der Zukunft aussehen könnte.
Im kommenden Jahr 2018 wird das Wohnungspolitische Kolloquium in sein 11. Jahr gehen und erneut aktuelle Themen des Wohnens kritisch zur Diskussion stellen. Die Vorbereitungen laufen…
Kontakt: Dr. Thorsten Heitkamp, Dr. Anja Szypulski